3.5.1.2.1 Weitere Hinweise, Literatur und Quellen

Bestechung und Korruption als System: Weitere Hinweise, Literatur und Quellen

Diese Seiten beziehen sich auf die beiden Buchkapitel Bestechung und Korruption als System (ab S. 120 ff) sowie Korruption als journalistische Herausforderung (ab S. 127 ff).

Hinweise auf

  1. machbare Themen mit erfolgversprechenden Ansätzen
  2. potenzielle Ansprechpartner dabei
  3. sowie erste Literaturangaben dazu

finden sich im Buch auf den Seiten 348-350.

Auf dieser Website werden zusätzliche Tipps hinsichtlich möglicher Ansprechpartner als Experten und vor allem weitere Literaturstellen zum Einlesen usw. gegeben.

Den inzwischen weltweit bekannten und jewiels aktuellen Korruptions-Wahrnehmungs-Index, der jährlich von TI bekannt gegeben wird und in Zusammenarbeit mit der Universität Passau entsteht, finden Sie unter dem folgen Link:

www.transparency.de/Corruption_Perceptions_Index_2.810.0.html
1) Experten:

Wolfgang HETZER, Jurist, SPD, Referatsleiter im Bundeskanzleramt:
zahlreiche Veröffentlichungen zu: OK, Kriminalität, Geldwäsche, Polizeirecht, Nachrichtendienste, Parteispenden
z.B. HETZER, Wolfgang (2001): Organisierte Kriminalität und Korruption, Schattenseiten der Globalisierung. In: Aus Politik und Zeitgeschehen B 32/2001: 30-38

MÜLLER, Udo (1993): Korruption in der öffentlichen Verwaltung. Typologie und Schaden im Baunereich. In: Kriminalistik 8-9/93: 509-516
U. MÜLLER ist Präsident des Hessischen Landesrechnungshofes und hält nebenbei Vorlesungen an der TH Damrstadt

STEMMER, Michael/AUGUSTIN, Dietmar (1996): Manipulation am Bau. In: Kriminalistik 1/96: 35-40

SCHAUPENSTEINER, Wolfgang (1998): Korruption und Manipulation im Bauwesen. In: Die Wohnungswirtschaft: Teil I: 35 ff, Teil II: 44 ff

SCHAUPENSTEINER, Wolfgang (1990): Korruptions-Kartelle. Ein Blick hinter die Kulissen des Bauwesens. In: Kriminalistik 10/1990: 507-510

SCHAUPENSTEINER, Wolfgang (1997): Korruption in deutschen Amtsstuben – Das Prinzip der offenen Hand. In: Der Kriminalist: 27 ff

SCHAUPENSTEINER, Wolfgang (1994): Bekämpfung von Korruptionsdeliquenz. Vom Unwesen des Bestechens und Bestochenwerdens. In: Kriminalistik 8-9/1994: 514-524

HERBIG, Gottfried (1989): Korruptionsfälle in der Stadtverwaltung Frankfurt. Situationsbericht und Gegenstrategien. In: Verwaltungsarchiv: 381-393
G.HERBIG ist Magistratsdirektor in der Stadtverwaltung Frankfurt/M. und skizziert hier unter anderem auch die Umstände und Rahmenbedingungen des im Buch angesprochenen Falles „Straßenbauamt“ (S. 121).

Heribert OSTENDORF war früher Generalstaatsanwalt und arbeitet jetzt im Bereich Forschung und Wissenschaft. Von ihm sollte man kennen:
OSTENDORF, Heribert (1999): Bekämpfung der Korruption als rechtliches Problem oder zunächst moralisches Problem? In: NJW (Neue Juristische Wochenschrift) 9/1999: 615-618
sowie ein Buch, das insbesondere für Behördenleiter eine Art praktischen Leitfaden zur Prävention darstellt:
OSTENDORF, Heribert (2002): Korruption in der öffentlichen Verwaltung. Köln: Heymanns
Sie dazu auch auf der „Plattform 4.4.4“ unter 4.4.4.6: „Korruption & Wirtschaftskriminalität“

2) weitere Literatur und Quellen:

In zweiter Auflage 2004 erschienen ist das Buch „Korruption in Deutschland. Portrait einer Wachstumsbranche“. München: C.H.Beck Verlag. Autoren sind die Korruptionsforscherin Prof. Dr. Britta BANNENBERG (Uni Bielefeld) sowie der bekannte Frankfurter Oberstaatsanwalt Wolfgang SCHAUPENSTEINER.
Das Buch ist umfasst rd. 220 Seiten (Kostenpunkt 11,90 €), enthält aber keinen alphabetischen Index, so dass sich weder einzelne Begriffe noch Namen oder Institutionen gezielt aufrufen lassen.
Den eigentlichen Kern dieser Veröffentlichung bildet die Darstellung der vielen Korruptionsfälle im Frankfurter Main-Taunuss-Gebiet, die Ende der 80er Jahre die Republik erschütterten; z.B. die – nachträglich rekonstruierte – Beschreibung der Zustände im Frankfurter Straßenbauamt: dort wurden 104 Verdächtige ausgemacht, gegen alle 104 wurde auch ermittelt und 103 von den 104 wurden letztlich verurteilt. Dieser und viele andere Fälle werden ausführlich beschrieben – auf über 100 Seiten, t.w. auch mit nachgebildeten Dokumenten, allerdings immer anonymisiert. Es finden sich keinerlei Namen in diesem Zusammenhang.
Ansonsten bietet das Buch einen Überblick über die einschlägigen Stichworte dieses Metiers: Verbreitung, Typen von korruptivem Verhalten, Mechanismen, die zu Korruption führen usw.. Die meisten dieser Kapitel sind allerdings nur überblicksartig gehalten; das Problem der Sozialschädlichkeit wird z.B. auf nur 2 Seiten abgehandelt. Über das Verhältnis zwischen Medien und Ermittlungsbehörden (z.B. Stichwort Kooperation) findet sich gar nichts.
Das Buch endet mit den „Zehn Geboten zur Korruptionsbekämpfung“.

„Korruption im Sport“
Dass Kritiker oder „Nestbeschmutzer“ verleumdet, kaltgestellt oder sogar kriminalisiert werden, kennt man z.B. aus totalitären Staaten. Dass Gleiches auch im Bereich des Sports geschieht, konkret in den vielfältigen Verbands- und Funktionärsstrukturen des Sportgeschehens gang und gäbe ist, darüber gibt jetzt erstmals ein Sammelband detailliert Auskunft, der sich dem Thema „Korruption im Sport. Mafiose Dribblings – Organisiertes Schweigen“ nähert.
Die Sport-Branche setzt weltweit Hunderte von Milliarden um und kassiert ebenso viel Geld aus staatlichen Töpfen – eine Branche, die „nicht konsequent über die Verwendung dieser Milliarden Auskunft geben muss; ein Wirtschaftszweig, der flankiert wird von der Politik und der sich dabei zunehmend unverfrorener nationalen und internationalen Gesetzgebungen entzieht. Das Netzwerk des Sports ist dicht verwoben, ein nahezu undurchschaubares Gewebe. Und so wurden einige jener Sportkameraden, die es als FIFA-Funktionäre, als Ehrenamtliche also, in mitunter äußerst kurzer Zeit zu märchenhaftem Reichtum gebracht haben, zu Fußball-Weltmeisterschaften wie Staatsgäste empfangen“, wie der Herausgeber des Buches, Jens WEINREICH, Sportchef bei der Berliner Zeitung, in seinem Vorwort schreibt.
Der Sammelband, in dem 23 Autoren aus 9 Ländern geschrieben haben, enthält z.T. grundsätzliche Überlegungen zum Problem „Korruption im Sport“ und, vor allem aber viele konkrete Fallbeispiele, die im Detail beschrieben und rekonstruiert sind. Die Fälle dokumentieren gleichzeitig, „dass die internationale Welt des Sports ein, milde gesagt, gespanntes Verhältnis zur Meinungsfreiheit und offenen Diskussion hat“, so Jens Sejer ANDERSEN aus Dänemark, der das internationale Netzwerk und die internationalen Konferenzen „Play the Game“

www.playthegame.org
initiiert hat (Motto: „home for homeless questions in sport“). Er beschreibt in seinem Kapitel „Reaktionen einer global operierenden Bewusstseinsindustrie“.
Die Vielfalt des Buches lässt sich dem Inhaltsverzeichnis und seinen unterschiedlichen Autoren entnehmen:

  • Andrew JENNINGS: The author-Crminal. One fascist, team of fixers and the decline of investigative journalism
  • Jens WEINREICH: Die globale Spezialdemokratie. Korruption als strukturelles Problem des Sportsystems
  • Herbert FISCHER-SOLMS: Die Pest des Schmierens. Ein Gespräch mit Wolfgang Schaupensteiner über Nehmen und Geben
  • Jens Sejer ANDERSEN: Play the Game. Reaktionen einer global operierenden Bewusstseinsindustrie
  • Mario GOIJMAN: Volleygate. The breathtaking story of King Rubén and Queen Malú
  • Jean Francois TANDA: Liebling Schweiz. Liberales Vereinsrecht, nachsichtige Richter, niedrige Steuern
  • Ezequiel Fernandez MOORES: Brazilian pizza. Parliamentary committees, investigating corruption ending in nothing
  • Gustavo POLI: The dribbling routine. Football and corruption have always been close in Brazil
  • Ezequiel Fernandez MOORES: The Godfather Don JULIO. The Argentine dictator behind FIFA President Joseph Blatter
  • Lasana LIBURD: The Jack Warner Production. How a humble school teacher became a multimillionaire
  • Bob MUNRO: Greed vs Good Governance. The fight for corruption-free Football in Kenya
  • Thomas KISTNER: Amigo-Kultur in Reinformat. Wie eine ominöse Deutschland AG die Fußball-WM akquirierte
  • Holger JAKOB: Außerhalb des Wettbewerbs. Die öffentliche Finanzierung von WM-Stadien und das EG-Beihilferecht
  • Jörg WINTERFELD: Operation Goldene Pfeife. In der Grauzone des globalen Geschäfts der Fußballwettmanipulationen
  • Oliver PRAGAL: Das Betrugsdreieck. Zur Bekämpfung der Strukturen von Wettmanipulationen im Fußball
  • Britta BANNENBERG/Dieter RÖSSNER: Straftat gegen den Wettbewerb. Plädoyer für den Einsatz des Strafrechts bei Dopingverstößen
  • Hans LEYENDECKER: Klebrige Nähe. Anmerkungen zur Korruption im modernen deutschen Sportjournalismus
  • Werner W.FRANKE: Olympische Lügen-Rekorde. Das Treiben korrupter Wissenschaftler
  • Hans Wilhelm GÄB: Die Überlebensfrage. Der Sport muss Korruption und Doping mehr Widerstand entgegensetzen
  • Michael REINSCH: Nicht immer gewinnt der Beste. Vom Kodex der Tagelöhner des Leistungssports
  • Barbara KLIMKE: Grüße von der Mafia. Korruption im olympischen Schieds- und Kampfrichterwesen
  • Jürgen KALWA: Vetternwirtschaft jeder Art. Der größte Skandal in der Geschichte des US-amerikanischen NOK
  • Anno HECKER: Herr der Steuereinheiten. Wie Max MOSLEY mit allen Schikanen über die Formel 1 gebietet
  • www.sportnetzwerk.org: Thesen zum Selbstverständnis, zum Leitmotiv und zur Programmatik

Wer sich für Hintergründe im Sportgeschehen interessiert, für den ist dieses 318-seitige Werk (18,60 €) aus dem Forum Verlag Leipzig unverzichtbar. Aus dem Autorenverzeichnis lässt sich ersehen, wer mit welcher Kompetenz etwas zu sagen hat. Ein alphabetisches Stichwortverzeichnis gibt es (leider) nicht.

Der Herausgeber des Buches ist auch Initiator des deutschen Sportnetzwerks, einem Berufsverband der kritischen Sportjournalisten, erreichbar unter

www.sportnetzwerk.org
Eines der neueren Bücher allgemein zum Thema stammt von Hans LEYENDECKER: „Die Korruptionsfalle“. Erschienen 2003 im Rowohlt Verlag, Reinbek.
Es handelt sich dabei vor allem um eine Zusammenstellung bereits bekannter Affären, die teilweise aber mit zusätzlichen und bisher unbekannten Informationen dargestellt bzw. angereichert werden und deshalb neue Erkenntnisse vermitteln – beispielsweise die finanzielle Verflechtung zwischen dem ehemaligen Medienmogul Leo KIRCH und dem Ex-Bundeskanzler Helmut KOHL. Neben der Darstellung von Fällen gibt es eine Art Glossar: „Das ABC der Korruption und ihrer Verhinderung“, in der die wichtigsten Begriffe erläutert werden (S. 277-286). Auf den Seiten 69 bis 74 arbeitet LEYENDECKER eine Typologie von Korrupteuren heraus, die er in drei Typen unterscheidet. Außerdem macht er zum Schluss einige Vorschläge, wie man dem Unwesen Einhalt gebieten könnte.
Folgende Fälle werden in LEYENDECKER’s Buch beschrieben:

  • Wuppertal auf 49 Seiten mit einem Namens-ABC der beteiligten Akteure
  • Leo KIRCH & Helmut KOHL inklusive des faksimilierten Beratervertrages nebst Ausweis der Honorarsumme
  • Jürgen MÖLLEMANN und seine Geschäfte
  • 4 kleinere Fallbeispiele (Hans Joachim HOFFMANN, OB aus Saarbrücken; Beispiel eines ‚namenlosen‘ Bauingenieurs; Hans-Joachim DOERFERT, der „Sonnenkönig aus Trier; die Herzklappen-Connection)
  • Bemerkungen über Korruption im Journalistengewerbe
  • der goldene Reibach bei der Mannesmann AG, als diese vom Konkurrenten Vodafone übernommen wurde: 38 Seiten umfangreich mit Namens-ABC
  • der Kölner Müllverbrennungsskandal (Hellmut TRIENEKENS, Karl WIENAND u.a.m.), 57 Seiten inklusive eines Namens-ABC

Das Buch hat insgesamt 256 Seiten und kostet 17,90 €.

Die Erfolgsgeschichte der NGO „Transparency International (TI)“, die 1993 gegründet wurde und seit dieser Zeit bereits sehr viel bewegen konnte, ist nachgezeichnet in einem Buch des TI-Gründers, Peter EIGEN: Das Netz der Korruption. Wie eine weltweite Bewegung gegen Bestechung kämpft. Erschienen 2003 im Campus-Verlag, Frankfurt/M.
Die ersten Kapitel beschreiben die Probleme und Auseinandersetzungen des Gründers, als dieser in seiner Funktion als Mitarbeiter der Weltbank in Washington das Phänomen Korruption thematisieren wollte – Dr. Peter EIGEN zog die Konsequenzen, kündigte und gründete TI in Berlin. Die ersten großen Erfolge der sich schnell aufbauenden Nichtregierungsorganisation Transparency waren die Durchsetzung einer OECD-Konvention sowie die Novellierung mehrerer Paragraphen im deutschen StGB, nach denen Bestechung von Politikern und Beamten im Ausland durch Deutsche (z.B. Firmen) nicht mehr erlaubt, sprich verboten wurde. Ebenso nicht mehr möglich: die Bestechungsgelder als „nützliche Ausgaben“ steuermindernd geltend zu machen. Auch wurden die Strafen verschärft und der Begriff, was alles unter „Bestechung“ fällt, sehr viel klarer definiert.
Ab S. 115 beispielsweise findet sich die Geschichte, wie der inzwischen weltweit bekannte „Corruption Perceprtions Index“ (Korruptions-Index, genauer gesagt: der Korruptions-Wahrnehmungsindex) von heute auf morgen bekannt wurde und sich als eine Art ‚Markenzeichen‘ für TI entwickelt hatte: ein SPIEGEL-Redakteur, der davon zum Zeitpunkt der ‚internen Entwicklung‘ erfahren hatte, wollte nicht warten und veröffentlichte dieses „unfertige Dokument“ einfach, obwohl er es nur als „Hintergrundinformation“ zugeschickt bekommen hatte.
Zum Thema „Kohl, Klüngel und die Konsequenzen“ (ab S. 148) sowie zum Problem „Das (deutsche) Gesundheitswesen“ (ab S. 161) gibt es umfassendere, detailliertere und spannendere Literatur (vgl. zu Kohl & Co die Literaturhinweise im Buch Investigativer Journalismus auf S. 131; zum Stichwort Gesundsheitswesen die Hinweise auf dieser Website unter 4.4.4.2).
Im „Anhang“ (ab S. 247) gibt es eine kleine „Weltkarte der Korruption“, in der erdteilweise einige eher allgemeine Anmerkungen gemacht werden (auf insgesamt 34 Seiten). Auf den Seiten danach werden einige Statistiken (u.a. der Corruption Perceptions Index für 2002) präsentiert.
Das Buch hat insgesamt 301 Seiten, aber keinen Index. Kostenpunkt: 21,90 €.

Korruption in Deutschland. Ursachen, Erscheinungsformen, Bekämpfungsstrategien. Dokumentation einer gleichnamigen Tagung d. Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) in Berlin (16. u.17.2.1995). 150seitige Broschüre 1995, Herausgeber u. erhältlich über FES, Berlin
Der Tagungsband enthält auch Skizzen über die korruptivem Erscheinungsformen in Italien, Großbritannien und den USA

In einer weiteren Tagung der FES am 6.9.1996 in Berlin, die in dem Nachfolgeband
„1.Nachfragekonferenz zur Korruption in Deutschland. Dokumentation“. Berlin: Friedrich-Ebert-Stiftung 1996
dokumentiert ist, sind auch Korruptionsbekämpfungsstrategien in einigen deutschen Bundesländern beschrieben, zum Teil auch von aktiven Staatsanwälten, also potentiellen Ansprechpartnern.

Vom netzwerk recherche gibt es eine 162 Seiten-Broschüre „nr-Werkstatt: Dunkelfeld Korruption. Herausforderungen für den Recherche-Journalismus“. Mehrere Autoren (LEYENDECKER, SCHAUPENSTEINER, BANNENBERG, REDELFS) haben zu unterschiedlichen Themen (Allgemeines, Fallbeispiele etc) geschrieben. Sie lässt sich downloaden unter (pdf, 2,4 MB !):

www.netzwerkrecherche.de/dokumente/nr_doku_dunkelfeld_korruption.pdf
Das netzwerk recherche, Transparency International und der Bund der Steuerzahler haben im Februar 2002 eine Tagung durchgeführt, deren Beiträge dokumentiert sind in
Korruption: Schatten der demokratischen Gesellschaft. Fakten – Trends – Gegenstrategien.
Herausgeber sind die drei Veranstalter, die die 94seitige Broschüre auch vertreiben. Konkret wurde versucht, das Thema auch unter dem Aspekt zu beleuchten, wie sich Journalisten in dieses Themenfeld einklinken können. Erhältlich z.B. über das Netzwerk Recherche oder über TI.

Eine Fachtagung über „Politische Korruption“ hatte die Heinrich-Böll-Stiftung am 14. u. 15.11.2003 in Berlin veranstaltet, und zwar in Zusammenarbeit mit Transparency International, German Chapter. Einzelne Beiträge sind online verfügbar.
Hier zunächst der Vortrag von Prof. Dr. Vincenzo MILITELLO, Rechtswissenschaftler an der Uni in Palermo. Thema: „Der Fall Italien zwischen Licht und Schatten“:

www.boell.de/downloads/demokratie/militello_abstr.pdf
Über „Oligarchien, Politikfinanzierung und Parteienfilz: Rahmenbedingungen für Korruption im ‚Alten Europa'“ hat Dr. Hansjörg ELSHORST, Vorsitzender von TI Deutschland (TI German Chapter) referiert:
www.boell.de/downloads/demokratie/elshorst_abstr.pdf
Der Generalsekretär der europäischen Antikorruptionsbehörde, Franz-Hermann BRUENER, berichtete über „Instrumente und Wirkungsweise von europäischer Antikorruptionspolitik:
www.boell.de/downloads/demokratie/bruener_abstr.pdf
Das BKA in Wiesbaden hat bereits 1995 eine umfangreiche Untersuchung vorgelegt, in die die Ergebnisse eines umfangreichen Forschungsprojektes eingeflossen sind: Umfragen und Auswertung von konkreten Fällen in Zusammenarbeit u.a. mit dem Deutschen Städtetag, dem Industrie- und Handelstag und dem Bundesverband der Deutschen Industrie.
Die beiden Verfasser der Studie, VAHLENKAMP und KNAUß, sind/waren Mitarbeiter der Kriminalistisch-kriminologischen Forschungsgruppe beim BKA, deren Leiter Dr. Ernst-Heinrich AHLF ist, der auch selbst zum Thema schreibt (z.B. Zum Korruptionsbegriff. Versuch einer Annäherung. In: Kriminalistik 3/96: 154-157).
Die umfangreiche Studie (516 S.) trägt den Titel

VAHLENKAMP, Werner/KNAUß, Ina (1995): Korruption – hinnehmen oder handeln? Wiesbaden. Bundeskriminalamt (BKA-Forschungsreihe Band 33)

Die Studie läuft teilweise auch unter dem Titel „Korruption – ein unscharfes Phänomen als Gegenstand zielgerichteter Prävention“
In der gesamten Studie wird allerdings die Rolle und mögliche Funktion der Medien ausgeblendet.

Aus dem Forschungsprojekt haben die Mitarbeiter einen ca. 25minütigen Lehrfilm entwickelt, zu dem auch ein 37seitiges Begleitheft aus dem Jahre 1997 existiert: Titel für beide Medien ebenfalls
„Korruption – hinnehmen oder handeln?“
Zielgruppe sind u.a. Beschäftigte in der öffentlichen Verwaltung, die für das Problem sensibilisiert und ganz generell informiert werden sollen. Inhalt: Eine BKA-Expertin und ein Journalist diskutieren in einer Art Rollenspiel an 3 Fallbeispielen (Verkehrskontrolle und Geldschein im Führerschein; Anfüttern auf dem Golfplatz; Verletzung des Dienstgeheimnisses) relevante Aspekte, die mit Bestechung verbunden sind. Das Begleitheft ist kostenlos erhältlich, für das Video möchte das BKA 25 € haben.

Ein guter, weil ausführlicher und umfassender Überblicksartikel zum gesamten Thema ist in einem älteren SPIEGEL-Artikel (Nr. 50/1994: 114-129 enthalten (Titelgeschichte: Deutschland wie geschmiert). Dort ist auch das Wortprotokoll einer Schmiergeld-Verhandlung abgedruckt: Unternehmer und Betriebsprüfer vom Finanzamt einigen sich in einem edlen Restaurant auf ihre Weise. Und weiter ausgesprochen lesenswert: eine nuancierte Beschreibung, wie es genau funktioniert, wenn sich in einem kleineren Städtchen (Usingen vor den Toren von Frankfurt/M.) ein „filigran gewebtes Geflecht aus gegenseitigen Hilfeleistungen“ in die Vereinsheime, Firmenbüros, Stadtparlament bis hinein in die Wohnzimmer alteingesessener Bürger wie ein „Spinnennetz“ über alles legt, dem kaum einer mehr zu entrinnen vermag.
Beschrieben wird auch die Funktion des damals bekannten und maßgeblichen „Ingenieurbüro Niklas“ in Bad Homburg, das als Schaltzentrale für die Auftragsvergaben im Zusammenhang mit Kläranlagen, Mülldeponien etc. im gesamten Taunuskreis fungierte. Viele hessische Kommunen hatten dem Ingenieurbüro die komplette Auftragsvergabe, teilweise sogar die Aktenführung übertragen. Diese ‚Clearing‘-Stelle war letztlich für alles zuständig – bis hin zum Verteilen des Schmiergeldes. Als die Sache aufflog, mußten 168 Angeklagte vor Gericht.

Die Vielfalt von geldwerten Gefälligkeiten, Schmiergeldpraktiken und dreisten Bestechungsforderungen kam u.a. bei einem Prozess 1992 gegen Leitende Manager des Immobilien-Konzerns VEBA Wohnen, mit 140.000 Wohnungen einem der größten Wohnraumanbieter bundesweit, ans Tageslicht. Allein in der Bochumer Filiale wurden im Gebiet zwischen Ruhr und Sieg jährlich Aufträge in Höhe von rund 300 Millionen DM vergeben, an die Maler-, Schreiner-, Klempner- und Dachdecker-Firmen nur rankamen, wenn sie zwischen 5 und 10% der Auftragssumme an diverse Leitende Mitarbeiter und/oder Bauleiter als Gegenleistung mit einkalkulierten. Eine ausführliche Beschreibung dazu findet sich im stern 31/92: 128-130. Titel: Die Schmiergeld-Connection.

Einen aktuelleren Vorgang betrifft die Bestechungsaffäre beim Bayerischen Roten Kreuz, die Ende 1999 bekannt wurde. Eine (eher kurze) Darstellung dazu findet sich im SPIEGEL 2/2000: 46-48

Die Zeitschrift message hat in ihrem Heft 2/2002: 10-26, ebenfalls einen Themenschwerpunkt gesetzt. Dort sind auch die Rechercheprotokolle der beiden im Buch (S. 121 f) erwähnten Artikel abgedruckt.

Wer in konkrete Techniken einsteigen, also wissen will, wie Tricks, Manipulationen, Bestechungsabläufe, also Betrugstechniken im Detail funktionieren (können), kann dies studieren bei
LUDWIG, Johannes (1992): Wirtschaftskriminalität. Schleichwege zum Großen Geld. Frankfurt: Fischer Taschenbuch, 381 S.
Das Buch ist erstmals 1989 unter dem Titel „Anleitung zum Betrug. Machenschaften ums Grosse Geld“ im Hamburger Verlag Facta Oblita als Hardcover erschienen. Beide Ausgaben sind inzwischen vergriffen, die Taschenbuchausgabe aber immer noch über so genannte Restverwerter und Antiquariate im Internet zu haben. Die Analyse der konkreten Fälle, sprich Firmen und Affären, konzentriert sich zwar vorrangig auf die Baubranche, deckt aber das grundsätzliche Manipulations-, Betrugs- und Korruptionsspektrum ab, was die generellen Techniken anbelangt. Auf dieser Website sind die Kapitel 10 und 11 in digitaler Form präsentiert (HTML-Text und als pdf-file): unter 3.5.1.3 – „Die Fa. WTB hat damit nichts zu tun“.
Vgl. dazu auch die im investigativen Journalismus-Buch abgedruckten manipulierten Provisionsrechnungen auf den Seiten 316-327.

Weitere Tipps und Links, was Ansprechpartner betrifft, finden sich hier auf der Website unter 4.4.4.6

Nachschlagewerke zu den bisherigen Skandalen und Affären in Deutschland bzw. so genannte Skandal-Chroniken sind unter 4.4.3.2 (Informationsressourcen in öffentlichen Bibliotheken) gelistet.

Transparency International (TI) hat inzwischen eine Korruptions-Datenbank in Betrieb genommen. Erreichbar unter

www.transparency.de/Bibliotheksdatenbank.797.0.html
Man kann dort einschlägige Literatur etc. finden. Die Datenbank ist offenbar noch im Aufbau begriffen. Das Buch, das zu dieser Website gehört, ist beispielsweise unter dem Stichwort „Investigativer Journalismus“ nicht gelistet. Natürlich sind dann auch die beiden Kapitel

  • Bestechung und Korruption als System (S. 120 ff)
  • Korruption als journalistische Herausforderung (S. 127 ff)

ebenfalls nicht auffindbar (Stand 28.8.2006).

Das Thema Korruption hat natürlich auch

3) Eingang in die Literatur und in das Genre Film gefunden.

Von Heinrich BÖLL gibt es eine sechseitige Erzählung „Wie in schlechten Romanen“: Urerlebnis eines kleinen und redlichen Handwerkers, wie man in Bestechungspraktiken hineingezogen werden kann, ohne dass man es möchte. Aus: Erzählungen. Köln: Kiepenheuer & Witsch, 1961, S. 64-69

Der Regisseur und Drehbuchautor Dieter WEDEL hat 2001 einen Vierteiler für das ZDF gemacht, in dem er sich mit Politik und Partei, Karrieremustern und Korruptionsverhalten auseinandersetzt und in dem die Hintergrundkulisse die Stadt Hamburg abgibt: „Die Semmelings“.

Einen ‚Klassiker‘ hat 1974 Roman POLANSKI in den USA produziert: „Chinatown“, der so bekannt ist, dass man darüber keine weiteren Worte verlieren muss.

Aus dem Jahre 1996 stammt der US-Film „City Hall“, der das Bestechungswesen im New Yorker Polizeiapparat und die schwieriegn Versuche der Politik thematisiert, die Korruption einzudämmen. Am Drehbuch hatte ein ehemaliger Vizebürgermeister von New York, Ken LIPPER (1976-82) mitgeschrieben, um die Story möglichst realistätsnah zu gestalten.

Aus Italien stammt der Film „Hände über der Stadt“, den der Regisseur Francesco ROSI 1963 gedreht hatte und dafür den Goldenen Löwen bei den Filmfestspielen von Venedig erhielt (und viele weitere Auszeichnungen): Ein skrupelloser Bauunternehmer, der gleichzeitig Abgeordneter im Stadtparlament von Neapel ist und nach einem Unglück auf einer seiner Baustellen unter Beschuss gerät, schafft es, sich immer wieder durchzusetzen. Auch als ihn seine eigene Partei wegen nachgewiesener Bestechungspraktiken fallen lässt, gelingt es ihm, sein grösstes Bauprojekt mit Hilfe der Politik gandenlos durchzuziehen. „Die im Film auftretenden Personen und dargestellten Ereignisse sind fiktiv, authentisch aber sind die soziale Realität und die Lebensbedingungen, die sie hervorbringen“, hatte damals der Regisseur über seinen Film geschrieben.

Und aus Frankreich stammt der Film „Der Fall Serano“ (1977) unter der Regie von Georg LAUTNER. Die Drehbuchvorlage bildet ein Roman von Ralf VALLET, der einen authentischen Fall verarbeitet hat: die Ermordung des französischen Politiker De BRIGLIE 1976. In den Haupttollen: Alain DELON und Klaus KINSKY.

Es gibt viele weitere interessante und vor allem spannende Filme und Thriller. Die Nennung einiger Beispiele soll deutlich machen, dass es vielerlei Versuche gibt, das Phänomen Korruption nicht nur medial darzustellen, sondern auch das dahinter stehende Problem sowie die Folgewirkungen zu vermitteln.