5.4 Aktuelle Leaking-Plattformen

Die bekannteste, nicht die erste: WikiLeaks

www.wikileaks.org bzw. auch www.wikileaks.ch: Die Plattform, die im Jahr 2010 insgesamt 4 große ‚Scoups’ veröffentlicht hatte:

  • April: www.CollateralMurder.com – Bagdad-Video
  • Juli: Afghanistan-Protokolle
  • Oktober: Irak-Protokolle
  • November: Diplomatendepeschen
  • und im April 2011 nachgelegt nochmals mit den Guantanamo-Dossiers

Die Plattform hat nicht ganz mehr die Bedeutung wie vormals. Aber: Nach wie vor werden ab und an Dokumente und Informationen hochgeladen, die man durchsuchen kann.

Im April 2015 hat WikiLeaks große Teile der SONY Pictures Entertainment online gestellt. Und dazu eine „Pressemitteilung“ herausgegeben. Hintergrund: Die Auseinandersetzungen zwischen den USA und Nord-Korea. SONY wollte den satirische gemeinten Hollywood-Schinken „The Interview“ in die Kinos bringen: ein Komplott des USA gegen den nordkoreanischen Machthaber Kim JONG UN. Der wehrte sich u.a. mit drastischen Drohungen. Möglicherweise auch mit einem Hackerangriff auf den Hollywood-Player SONY: Hacker legten nicht nur Teile der SONY-Website lahm. Sondern kaperten auch Teile des Firmenarchivs.
Jetzt sind über 30.000 Dokumente und über 170.000 Emails für alle zu lesen: Wie SONY hinter den Kulissen Politik macht. Auf den Gebieten der Netzpolitik, Copyright-Fragen und Produktpiraterie, Handelsabkommen usw.

Ganz allgemein sind die auf WikiLeaks zugänglichen Daten auch nach Ländern sortiert. Dies ist der Deutschland betreffende Archivbestand im Fühjahr Sommer 2015: https://wikileaks.org/wiki/Category:Germany

 

Die allererste Lekaingplattform weltweit – 1996: Cryptome

www.cryptome.org. Initiator: John YOUNG, der seinerzeit auch Wikileaks bzw. Julian ASSANGE auf die Beine geholfen hatte. Das Leak-Archiv umfasst ca 55.000 Dokumente. Nach Wikileaks derzeit die zweitgrößte Veröffentlichungsplattform. Cryptome wurde im Oktober 2010 Opfer eines Cyber-Angriffs – die Technik ist nicht so unabhängig organisiert wie das bei Wikileaks der Fall war – so stehen zB die angemieteten Server alle in den USA. Bekannt wurde die Plattform u.a. wegen seiner Auseinandersetzungen mit der US-Regierung und Microsoft 2010: Cryptome hatte ein MS-Handbuch über die Weitergabe von Benutzerinformationen an die US-Regierung publiziert

 

The National Security Archive (Uni Washington)

Das was nach offizieller Institution klingt, ist genau das Gegenteil:ein digitales Archiv an der George-Washington-Universität, das u.a. mit Hilfe dea Freedom of Information Act Dokumente von der US-Regierung und US-Behörden sammelt, im Zweifel auch vor Gericht einklagt. Mit Erfolg. Es dürfte das inzwischen größte Digitalarchiv von US-Dokumenten sein, die sich auf alle Bereiche der US-Politik beziehen. Zum Beispiel lang geheim gehaltene Dokumente aus dem Vietnam-Krieg, etwa Fotos und Dokumente, die den Tonking-Golf-Zwischenfall von 1964 als inszenierter Aktion belegen, um gegen Vietnam offiziell Krieg führen zu können. Oder Informationen, die die aktive Verwicklung der USA in viele politische Vorgänge in Südamerika betreffen. Z.B. die aktive Einflussnahme auf den Putsch gegen Salvador ALLENDE 1973, als Henry KISSINGER Außenminister war.

Wichtiger von Bedeutung, insbesondere aus zeitgeschichtlicher Sicht, ist das finanziell und inhaltlich unabhängig geführte National Security Archiv an der George-Washington-Universität, das sich auf die Freiheit von Forschung und Lehre berufen kann: www2.gwu.edu/~nsarchiv: Das besteht bereits seit einigen Jahrzehnten und sammelt viele geheime Unterlagen aus den Bereichen Regierung, nationale Sicherheit. So wurden dort beispielsweise jene Dokumente erstmals publiziert, die die aktive Verwicklung der USA (v.a. NIXON-Berater Henry KISSINGER) in den Putsch gegen Salvador Allende 1973 belegen. Ebenso Fotos und Dokumente, die den Tonking-Golf-Zwischenfall von 1964 (Vietnamkrieg) als inszeniertes Manöver der USA ausweisen: die US-Regierung brauchte einen Vorwand, um im Kongress den ‚Krieg’ in Vietnam offiziell als ‚Krieg’ führen zu können.

Die wichtige Adresse: http://nsarchive.gwu.edu/

 

Leaking-Plattformen „EU“

Aktuell zum Stichwort TTIP hat die Fraktion im EU-Parlament, The Greens/European Free Alliance, eine Plattform aufgemacht: www.ttip-leak.eu. Dort ist das interne Dokument online, das derzeit als Verhandlungsgrundlage der EU mit den USA gilt. Außerdem werden auf der Website die Probleme dargestellt – aus grüner Sicht.

Nicht direkt eine Leaking-Plattform, aber eine Site, auf der permanent aktuell recherchierte Informationen und Dokumente veröffentlich werden sollen, hat das „gemeinnützige Recherchebüro“ correctiv.org online gehen lassen: https://correctiv.org/recherchen/ttip/

 

Länderspezifische Leaking-Plattformen:

www.ruleaks.net und http://rospil.info : Korruption und Vertuschungsmanöver in Russland – die letzte Domain wird von Alexej NAWALNY betrieben

www.balkanleaks.eu (Standort: Bulgarien)

www.IndoLeaks.org (Standort: Indonesien)

www.WikiSpooks.com (USA): nennenswerte Aktivitäten derzeit (noch) nicht erkennbar

http://transparency.aljazeera.net: Plattform seit Anfang 2011 des unabhängiges Fernsehsenders Al Jazeera, der im arabischen Raum eine sehr wichtige Rolle spielt

Im Zusammenhang mit den politischen Veränderungen in der Ukraine seit Herbst 2013 gibt es das Portal www.yanukovychleaks.org. Nicht nur auf Russisch und Ukrainisch, sondern auch in Englisch. Die Initiatoren und Unterstützer machen das, was Menschen in Deutschland nach der Wende in der Ex-DDR gemacht haben: Dokumente und Informationen retten. Und alles digital ans Tageslicht bringen. Das Vorhaben versteht sich als „Nationales Projekt“.

In Mailand wird im Jahr 2015 die „Expo 2015“ stattfinden. Bereits im Vorfeld hat das Investigative Reporting Project Italy (IRPI) eine Leaking-Plattform gegründet – in der Hoffnung, Material und Informationen zu erhalten: www.expoleaks.it. Die Site arbeitet in englischer und italienischer Sprache: u.a. als erste Plattform für Whistleblower in Italien.

 

Eine deutsche/deutschlandweite Leaking-Plattform gibt es (derzeit) nicht. Das vormals geplante Projekt „openleaks.org“ des ehemaligen WikiLeaks-Mitbetreibers Daniel DOMSCHEIDT-BERG hat aufgegeben. Allerdings haben einige Medien(häuser) sog. anonyme Briefkästen eingerichtet, über die Informanten bzw. Whistleblower Informationen aller Art an die betreffenden Medien bzw. Journalisten weitergeben können (DER SPIEGEL, DIE ZEIT, stern, WAZ / Der Westen, taz – die tageszeitung, u.a.m.). Die auf diese Weise weitergegebenen Informationen sind dann aber (nur) exklusiv. Und es gibt ohne weiteres auch keine Garantie, dass sie auch verwertet bzw. öffentlich gemacht werden.

 

Hinweis für Informanten / Whistleblower:
Wer als Informant sicher sein will, dass sein Anliegen im öffentlichen Interesse auch kommuniziert wird, sollte ein ihm geeignet erscheinendes Medium direkt ansprechen. Ausführliche Hinweise dazu unter www.informanten.org (Weiterleitung auf ansTageslicht.de).

 

Hinweise für alle, die eine Leaking-Plattform einrichten wollen:
Nicht nur die Wochenzeitung DIE ZEIT stellt dafür ihre Software als freie software zur Verfügung, sondern auch das Projekt GlobaLeaks: https://globaleaks.org.