4.6.3.3 Auskunfteien, Handelsauskunfteien etc.

Ähnlich wie die weitaus bekanntere Schufa (Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung; www.schufa.de) stellen auch so genannte Auskunfteien, manchmal auch als Handels- oder Wirtschaftsauskunfteien bezeichnet, eine Art Schutzvorrichtung der freien Wirtschaft dar. Die Schufa, die im Besitz u.a. von großen Kreditinstituten ist, speichert vorwiegend über kleine, sprich normale Klein-Kreditnehmer, Informationen über in Anspruch genommene Kredite und/oder Teilzahlungskäufe usw. sowie über die dabei gewährten Konditionen und insbesondere auch über die vorgesehene Laufzeit solcher Kreditgeschäfte. Inzwischen zählen auch die Informationen aus Handyverträgen mit Telekommunikationsdienstleistern u. ä. zum Datenbestand.

Solche Daten sollen dazu dienen, den angeschlossenen Kunden bzw. Mitgliedern Informationen über vorhandene Kreditverpflichtungen sowie über die Kreditwürdigkeit von Menschen zu verschaffen. Bundesweit sind derzeit rd. 53 Millionen Personen bei der Schufa registriert. Entsprechend können auch nur Banken und Verkaufsorganisationen, die Geschäfte auf Kreditbasis tätigen, dort Informationen einspeisen und aufrufen. Allerdings kann jeder, der gespeichert ist, Einsicht in seine eigene ›Akte‹ nehmen (gegen Gebühr!) und gegebenenfalls auf Korrekturen dringen, wenn gespeicherte Daten nicht (mehr) stimmen oder veraltet sind. Dies kommt, wie Verbraucherschützer wissen, recht häufig vor.

Auskunfteien arbeiten ähnlich, allerdings mit einem breiteren Informationsangebot und im Prinzip für alle, die etwas wissen wollen. Es ist ein Dienst vor allem für Firmen, die sich a) auf die Schnelle und b) ohne große Garantie für die Qualität der Auskünfte einfach über einige relevante Grunddaten informieren wollen. Da solche Auskünfte vergleichsweise billig sind und schnell erteilt werden, kann man auch nicht allzu hohe Ansprüche an die Zuverlässigkeit solcher Informationen stellen. Dies wissen die meisten Firmen, die solche Dienstleistungen nutzen.

Journalisten, die sich der Dienste solcher Dienstleister bedienen, sollten dies ebenfalls wissen und sich vor allem klarmachen, dass es keine einklagbaren Ansprüche aus erteilten Auskünften gibt. Dies wird in den Geschäftsbedingungen ausdrücklich ausgeschlossen, und zwar auch über den rechtlichen Umweg, dass jeder Nutzer seine Zustimmung dazu erteilen muss, dass die fraglichen Informationen nur für ihn ausschließlich bestimmt sind und für die Richtigkeit keinerlei Gewähr übernommen werden kann.

Ob man deshalb auch mit dem Hinweis auf eine solche Quelle der journalistischen Sorgfaltspflicht ausreichend Genüge getan hat, ist reichlich fraglich. Im Zweifel funktioniert dies nicht, und deshalb sollte man diese Informationsquelle als das nutzen, was sie tatsächlich ist: eine vergleichsweise einfach zu organisierende Vorabinformation. Je nach Zweck und Umfang der journalistischen Wissensbegierde muss man erhaltene Informationen verifizieren. Der Vorteil der angebotenen Dienstleistung ist: Man kommt in bestimmten Dingen mit der eigenen Recherche einfach viel schneller voran und/oder erhält Informationen, die man sonst nicht oder nur mit sehr hohem Aufwand hätte anders organisieren können.

Es gibt drei große Auskunftei-Unternehmen in Deutschland:

  • Verein Creditreform, die in allen größeren Städten Büros unterhält (www.creditreform.de)
  • Bürgel Wirtschaftsinformationen, die ebenfalls an großen Standorten präsent ist (www.buergel.de)
  • Dun & Bradstreet (D&B) als größtes Auskunftei-Unternehmen weltweit (www.dnb.com)

Die beiden ersten Auskunfteien sind vorrangig nationale Wirtschaftsauskunfteien, während D&B eine weltweit agierende US-Firma ist. Letztere hat einen entscheidenden Vorteil: Ist man auf der Suche nach Informationen über Firmen und/oder Personen, die auch oder nur international agieren oder die – aus welchen Gründen auch immer – in die internationale Anonymität abgetaucht sind, so ist die Wahrscheinlichkeit, via Dun & Bradstreet fündig zu werden, um einiges größer als bei den kleineren Informationsdienstleistern.

Generell vermitteln Auskunfteien folgende Wirtschaftsinformationen (Bürgel und Creditreform haben Musterauskünfte ins Netz gestellt):

  • Bei einzelnen (natürlichen) Personen: Geburtsdaten, Informationen zur beruflichen oder geschäftlichen Tätigkeit, Angaben über die finanziellen Verhältnisse;
  • Bei Firmen: Name und Anschriften eines Unternehmens (Filialen), relevante Angaben aus dem Handelsregister (einschließlich über die genauen Kapitalverhältnisse), Informationen über die Geschäftstätigkeit (Branche, Anzahl der Mitarbeiter, Schätzungen zur Umsatzhöhe) sowie Informationen über die finanzielle Situation eines Unternehmens.

Man muss bei all dem immer wissen: Angaben erfolgen nur, sofern und soweit  solche vorliegen und/oder in Erfahrung gebracht werden können. Daten aus dem Handelsregister sind einfach zu beschaffen. Bei Informationen über die genaue Geschäftstätigkeit sowie Beschäftigtenanzahl und Umsatzhöhe ist dies schon schwieriger, und so gelangen solche Daten in der Regel über so genannte Selbstauskünfte in die Akten. Konkret: Die Auskunfteiangestellten rufen bei den Firmen (oder auch Personen), über die sie Auskunft erteilen sollen, selbst an und stellen Fragen – allerdings ohne den Auftragnehmer zu  benennen, weil der in der Regel unerkannt bleiben möchte. In der Geschäftswelt ist dies eingefahrene Routine und funktioniert ganz gut – mit den Einschränkungen, die bereits beschrieben wurden.

Bestimmte Informationen jedoch sind über Auskunfteien mit einer vergleichsweise hohen Zuverlässigkeitsrate zu erfahren: Informationen negativer Art über Personen und/oder Firmen:

Auskunfteien unterhalten Archive und sammeln alles über lange Zeit. Wenn ein GmbH-Geschäftsführer vor mehreren Jahren einen sauberen »Konkurs« hingelegt oder als zahlungsunfähiger Schuldner eine Eidesstattliche Versicherung nach § 807 ZPO (vormals: »Offenbarungseid«) geleistet hat, so müssen solche Informationen in den öffentlichen Registern nach Ablauf bestimmter Fristen (3 Jahre) wieder getilgt werden. Auskunfteien machen dies (in der Regel) nicht. Insofern sind sie als ›historische‹ Informationsgeber unverzichtbar. Allerdings sollte man bei entsprechenden Anfragen das eigene Informationsinteresse, wenn es in diese Richtung gehen sollte, unmissverständlich signalisieren, denn natürlich sind auch die Auskunfteien (eigentlich) gehalten, unter dem Aspekt des Datenschutzes solche ›alten‹ Informationen nicht weiterzugeben (bzw. nicht mehr zu archivieren). Trotzdem geschieht dies, und hier liegen auch die journalistischen Ansatzpunkte: bei den Archivinformationen generell und den diversen Querverweisen im Archiv bzw. Computer (Beispiele: Personenname mit Hinweis auf Geschäftsführertätigkeit in Firma XY in einer ganz anderen Stadt; Auskunft über eine Firma mit der ergänzenden Information, dass diese eine Tochterfirma namens Z im Ausland hat, was dem örtlichen Handelsregister nicht zu entnehmen ist; GmbH-Gesellschafter, der früher schon zwei Mal »Konkurs gemacht« hat, was offiziell niemand mehr wissen darf).

Zu den Negativinformationen zählen vor allem Informationen aus dem Insolvenzverzeichnis sowie dem Schuldnerverzeichnis nach § 915 ZPO. Ebenso haben Auskunfteien Kenntnis von so genannten Wechselprotesten (geplatzte Wechsel, wenn sie bei der Deutschen Bundesbank eingelöst werden). Und eigentlich sollten Auskunfteien Informationen über die so genannte Zahlungsweise haben. Damit sind Erfahrungen gemeint, wie schnell bzw. pünktlich und wie zuverlässig Firmen oder Personen ihren Zahlungsverpflichtungen nachkommen. Auskunfteien können dies (eigentlich) deshalb wissen, weil alle ihre Kunden, die sich über andere informieren (z.B. völlig neue Geschäftsverbindung), gehalten sind, ihre eigenen Erfahrungen im Umgang mit eben den Angefragten der Auskunftei später bekannt zu geben. Dies geschieht jedoch eher selten. Obwohl genau dies für die anfragenden Firmen am interessantesten wäre: Vorab zu erfahren, ob man bei einer neuen Geschäftsaufnahme auf der Basis eines normalen Lieferantenkredites liefern kann oder man dies besser gegen Vorkasse machen sollte.

Zusammengefasst bieten Handels- und Wirtschaftsauskunfteien folgende Vorteile:

  • Vieles an Informationen bereits auf dem ersten Blick. Darunter befinden sich weiche und harte Informationen. Alle weichen muss man in jedem Fall verifizieren, von den harten sind vor allem die negativen Informationen von großem Wert, die man besser ebenfalls gegencheckt.
  • Schnelle Verfügbarkeit der Daten und somit Möglichkeit einer schnellen eigenen Überprüfung.
  • Viele Informationen aus öffentlichen und halböffentlichen Registern sowie Hinweise aus eigenen internen Querverweisen, die so sonst nicht (mehr) zur Verfügung stünden.

Empfehlenswert ist es zudem, bei der Auftragsvergabe an eine Auskunftei nicht als Journalist aufzutreten, sondern solche Geschäfte bzw. Anfragen über eine neutrale Stelle laufen zu lassen – auf journalistische Wissensbegierden reagiert diese Branche verschnupft und eher zugeknöpft. In Medienunternehmen kann die kaufmännische Abteilung solche Jobs übernehmen; Freie sollten sich eine unverdächtige Vertrauensperson oder eine befreundete Firma suchen.

Und noch etwas sollte man wissen: Solche Auskünfte sind vergleichsweise billig. Firmen kaufen derlei Informationen meist gleich im Abonnement oder in größeren Mengen auf Vorrat (Gutscheinprizip). Die Kosten liegen dann zwischen 20 und unter deutlich unter 50 Euro. Für solches Geld kann man nicht wirklich in die Tiefe gehende Auskünfte bzw. aktuelle Informationen erwarten. Die Auskunfteien leben v.a. von der Mehrfachverwertung solcher Einzelauskünfte und aktualisieren die Informationen nur ab und an. Mit anderen Worten: Der Aktualitätsgehalt von solchen Auskünften ist im Zweifel eher mäßig denn überdurchschnittlich gut. Darauf sollte man sich einstellen und derlei Informationen als Ausgangsbasis für weitergehende Recherchen nutzen.