4.6.1.2 Handelsregister / Unternehmensregister & Rechtsformen von Unternehmen

Was die Meldebehörden und Einwohnermeldeämter für Personen darstellen, ist für Unternehmen das Handelsregister, was im Prinzip auch Firmenregister oder Unternehmensregister heißen könnte.

Das System »Handelsregister« ist eines der wichtigsten öffentlichen Register, das ganz generell fürs Recherchieren wichtige Informationen bereitstellt. Für investigative Rekonstruktionen ist es schon deshalb unverzichtbar, weil es hier zum einen auf die Genauigkeit von Informationen ankommt, zum anderen aber gerade dieses Register sehr viel mehr an Informationen vorhält, als gemeinhin bekannt ist. Dazu muss man das System allerdings kennen und verstehen.

Um das Geschäfts- und Wirtschaftsleben von der formalen Seite her möglichst reibungslos gestalten zu können, sind den Teilnehmern und Akteuren untereinander einige Spielregeln hinsichtlich der Informationsgewährung  aufgegeben. Jedes privatwirtschaftlich agierende Unternehmen muss für den Geschäfts- bzw. Rechtsverkehr untereinander, aber auch für Außenstehende vor allem drei Dinge für sich regeln und allen anderen bekannt geben: 1) die Rechtsform, die Auskunft über die finanzielle Haftung gibt, beispielsweise dann, wenn eine Firma kein Geld mehr hat oder andere Geld zu bekommen haben, 2) die Frage, wem genau das Unternehmen gehört (Eigentümer), und 3) wer die Firma nach außen hin vertritt, also offizieller Ansprechpartner ist und auch nach außen hin offiziell die Geschäfte führt (Geschäftsführer). Um diese Grundinformationen allen zur Verfügung zu stellen, gibt es das Handelsregister/Unternehmensregister. Dies zum ersten Systemaspekt »Ziele, Aufgaben, Funktionen«.

Zum zweiten Aspekt hinsichtlich »Umsetzung, zu Stande kommen, Grundlagen« des Systems: Ein solches Register muss, um seine Aufgabe erfüllen zu können, »öffentlich« sein: »Die Einsicht … sowie der zum Handelsregister eingereichten Schriftstücke ist jedem zu Informationszwecken gestattet«, so regelt es unmissverständlich der § 9 des Handelsgesetzbuches (HGB). In diesem Gesetz sind die allgemeinen und speziellen gesetzlichen Umgangsformen (Rechte und Pflichten) für »Kaufleute« (§1-7: »Kaufmann« – keine weibliche Form), wie es dort heißt, enthalten, und damit die Grundüberlegungen zu Sinn und Zweck des Handelsregisters, was so gesehen treffender eigentlich Kaufmannsregister heißen könnte.

Die notwendige Öffentlichkeit wird aber auch durch zwei weitere Dinge hergestellt. Alle wichtigen Informationen, die dem Handelsregister gemeldet werden müssen, werden darüber hinaus nicht nur im Bundesanzeiger veröffentlicht, sondern – zur Zeit noch – auch in einer lokalen/regionalen Tageszeitung. Dort gibt es daher eine Rubrik mit »Handelsregistermitteilungen«.

Geführt wird das Register an Amtsgerichten. Der Zuständigkeitsbereich ist aber oft größer als der Einzugsbereich dieser Gerichte. Welche Stadt bzw. welcher Firmensitz in welchem Handelsregister angemeldet sein muss, lässt sich beispielsweise aus dem Nachschlagewerk »Das Orts- und Gerichtsverzeichnis mit den zuständigen Finanzämtern mit Ortsverzeichnis« ersehen, das regelmäßig aktualisiert und rund 1.200 Seiten umfangreich im Verlag Dr. Otto Schmidt, Köln, erscheint. Das Nachschlagewerk findet sich nicht nur in den Amtsgerichtsbibliotheken, sondern auch in vielen anderen Bibliotheken. Einfacher geht es über die Orts- und Gerichtsdatenbank www.justizadressen.de.

Die Rechtsgrundlagen dieses öffentlichen Registers sind im HGB ganz grundsätzlich und etwas detaillierter in der Handelsregisterverordnung kodifiziert. Das HGB kann man im Taschenbuchformat kaufen. Die »Handelsregisterverordnung (HRV) « lässt sich beispielsweise in der Gesetzessammlung (Loseblattsammlung) »Das Deutsche Bundesrecht«, erschienen im Nomos-Verlag, Baden-Baden, dort unter der Kennziffer »II F 10a« oder online unter www.gesetze-im.internet.de nachlesen. Die Verfügung regelt den Aufbau des HR und viele Einzelfragen. Fragen, wie die Akten dann im Einzelnen paginiert, gesammelt, archiviert und abgelegt werden (sollen), lassen sich dann dem § 24 der Aktenordnung entnehmen. Soweit zur Basis des Handelsregisters bisher.

Seit 1. Januar 2007 gibt es spürbare Neuerungen: Das Handelsregister gibt es jetzt auch elektronisch bzw. digital, zumindest in Teilen. Alle Neueintragungen beispielsweise werden jetzt nur noch digital vorgenommen und geregelt ist das alles im »Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG)«.

Inhaltlich gesehen bleibt alles beim Alten. Allerdings: Durch die digitale Umstellung, die sich nur auf Neueintragungen ab dem Jahre 2007 bezieht und dem parallelen Nebenher des Altbestands muss man gegebenenfalls beide Wege nutzen, um fündig zu werden. Das bedeutet: Man muss beide Wege kennen, um sie möglichst effektiv nutzen zu können. Hier werden beide Systeme beschrieben. Das alte Handelsregister vor Ort heißt immer noch »Handelsregister«, die elektronische Datenbank, die ab sofort bundesweit alle handelsregisterlich relevanten Firmendaten (nur neueren Ursprungs!) online zugänglich macht, wird »Unternehmensregister« genannt. Irgendwann wird beides verschmolzen sein. Hier sei, um die Unterschiede der Zugangswege (und teilweise auch der Inhalte) präzise beschreiben zu können, entweder vom HR oder UR die Rede, oder wenn es um Dinge geht, die beide gleichermaßen betreffen, vom HR/UR.

Die eigentliche Bedeutung des HR/UR fürs Recherchieren liegt – um in der Begrifflichkeit der Systemanalyse zu bleiben – im dritten Systemaspekt: Organisation, Abläufe, Funktions- und Arbeitsweisen.

Dazu muss man von vornherein zwei grundsätzliche Dinge wissen.

  • Das HR/UR hält zwei unterschiedliche Arten von Informationen bereit: Jene, die sich aus der so genannten Registerkartei/Registerblatt ergeben, und solche, die sich in den Akten/Registerodner befinden. Infos der Registerkartei/Registerblatt betreffen vor allem die allgemeinen Unternehmensdaten, was Name, Rechtsform, Geschäftsführer usw. betrifft. In den Akten/Registerordner finden sich die spezielleren Informationen: Gesellschafterverträge, Verfügungen und oft viele ausgesprochen aufschlussreiche Feinheiten und Details. Die  frühere Registerkartei ist inzwischen fast überall nur noch elektronisch einzusehen und heißt jetzt Registerblatt. Die Akten existieren im (alten) HR, soweit bis 31.12.2006 eingegangen und archiviert, nur in schriftlicher Form, die seit 1.1.2007 neu entstehenden Aktenteile werden Registerordner genannt und irgendwann nur noch elektronisch einsehbar sein. Für die ersten Übergangsjahre werden beide Archivierungswege noch parallel gepflegt, so dass sich eingegangene Dokumente in den Akten derzeit auch noch in schriftlicher Form studieren lassen.
  • Unabhängig davon, ob Registerkartei/Registerblatt oder Akte/Register-ordner: Alle Firmen werden – nach ihrer so genannten Rechtsform – in zwei unterschiedlichen Abteilungen geführt: »Abt. A« ist für alle so genannten Personengesellschaften zuständig und »Abt. B« für alle Kapital-gesellschaften.

Weil die Rechtsform eines Unternehmens Art und Umfang der öffentlich zu machenden Informationen prägt, sei zunächst auf dieses Thema eingegangen: die wichtigsten Rechtsformen und ihre gesetzlich vorgeschriebenen Offenlegungspflichten im Vergleich. Erst danach wird im Einzelnen vorgestellt, welche Zugangswege (Registerblatt versus Registerordner) im HR/UR welche Informationen bereithalten.

Hier geht es jetzt zu den einzelnen Unterkapiteln:

Rechtsformen von Unternehmen
Die Informationsbestände im Detail
Abteilung Bilanzen / Bilanzkontrolle
sonstige Hinweise

Handelsregister und andere Informationen über den elektronischen „Bundesanzeiger“