Abteilung Bilanzen und Bilanzkontrolle

Bei der Suche nach Informationen, beispielsweise auch über die finanzielle Lage eines Unternehmens, wird man bei Aktiengesellschaften (AG) ammeisten finden. Denn das Aktiengesetz (AktienG) schreibt dieser Rechtsform zwingend umfangreiche Publizitätspflichten vor. Insbesondere über den so genannten Jahresabschluss, der a) die Bilanz, b) die Gewinn- und Verlustrechnung sowie c) einen Lagebericht und einiges andere enthalten muss. Recherchen bei Aktiengesellschaften in dieser Richtung sind ergiebig, wobei man sich allerdings erst gar nicht ins HR begeben muss, denn einen so genannten Geschäftsbericht, der auch den letzten Jahresabschluss enthält, bekommt man auch von der Pressestelle der fraglichen AG. Allerdings haben solche Daten auch nur einen begrenzten Aussagewert. Spannender sind regelmäßig die internen Zahlen, weil diese differenzierter und nach einzelnen Geschäftssparten oder Geschäftsvorfällen zusammengestellt sind – bis hin zu einzelnen Kalkulationen.

Seit einigen Jahren sind europaweit immer mehr Firmen auch anderer Rechtsformen verpflichtet, Rechnung zu legen, wie das so heißt. Die Rechnungslegungs- bzw. Publizitäts- bzw. Offenlegungsvorschriften sind in verschiedenen Gesetzen geregelt und haben eine Gemeinsamkeit: Je größer das Unternehmen, umso umfangreicher die Angaben, die es machen muss. Die Firmen hatten sich dagegen lange (erfolgreich) gewehrt. Seit 1998 indes musste eine Europäische Richtlinie der EU-Kommission umgesetzt werden, nachdem ein Jahr zuvor der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden hatte, dass die Mitgliedsstaaten Sanktionen gegen jene Firmen einführen müssen, die sich beharrlich weigern, solche Mindestangaben zu machen. Denn eine Rechtsregel macht nur dann Sinn, wenn sie auch durchgesetzt wird.

Inzwischen ist dies auch geschehen. Im Publizitätsgesetz (PublG) von 1969 (zuletzt ergänzt im November 2006), im GmbHG von 1986, im zwischenzeitlich relevanten Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) sowie in dem im Januar 2000 eingeführten Kapitalgesellschaften- und Co Richtlinie-Gesetz (KapCoRiLiG) existieren genaue Vorschriften, ab welcher Größenordnung ein Unternehmen und wie viel es an Informationen bekannt geben muss. Nach letzterer Vorschrift wurden auch oHG’s und KG’s, bei denen keine natürliche Person als phG fungiert, wie Kapitalgesellschaften behandelt, sind also im Prinzip ebenfalls rechnungslegungspflichtig. Inzwischen ist das alles durch das EHUG (»Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister«) und eine entsprechende Anpassung im HGB (Handelsgesetzbuch) geregelt.

Danach gilt, dass alle

  • Kapitalgesellschaften,
  • Genossenschaften,
  • Personengesellschaften ohne natürliche Person als phG (also insbesondere alle GmbH & Co.KS’s)
  • und alle, die ohnehin nach dem Publizitätsgesetz Verpflichteten (z.B. auch so genannte Einzelkaufleute),

dann offenlegungspflichtig (synonym: publizitätspflichtig, rechnungslegungspflichtig) sind, wenn sie (mindestens) zwei der drei in nachfolgender Abb. 12 gelisteten Größenkriterien erfüllen (erfüllt haben), und zwar in drei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren:

 Größenmerkmale für Kapitalgesellschaften und GmbH & Co.KG’s:

Größenmerkmale

große

Kapitalgesellschaften

mittelgroße

Kapitalgesellschaften

kleine

Kapitalgesellschaften

Umsatzerlöse

> 27,5 Mio

> 6,875 Mio

< 6,875 Mio

Anzahl der

Arbeitnehmer

> 250

> 50

< 50

Bilanzsumme

>13,750 Mio

> 3,438 Mio

< 3,438 Mio

 

Der Umfang der Offenlegung ergibt sich aus der nächsten Tabelle, wobei »große« Unternehmen ihre Angaben auch im (gedruckten) Bundesanzeiger (BAnz) bekannt machen müssen. Für GmbH & Co.KG’s gilt die Unterscheidung in große, mittelgroße und kleine analog ebenso wie die obigen Offenlegungspflichten. Einziger Unterschied: GmbH & Co.KG’s müssen die entsprechenden Infos nicht im Bundesanzeiger veröffentlichen, sondern nur im HR/UR. Und so sehen die Regeln aus:

Offenlegungspflichten in Abhängigkeit von Größenmerkmalen:

Offenlegungspflichtig in Bezug auf

große

Kapitalgesellschaften

mittelgroße

Kapitalgesellschaften

kleine

Kapitalgesellschaften

Bilanz

HR/UR + BAnz

verkürzt, HR/UR

verkürzt, HR/UR

GuV

HR/UR + BAnz

verkürzt, HR/UR

0

Jahresergebnis

(in GuV)

HR/UR + BAnz

HR/UR

0

Anhang

HR/UR + BAnz

verkürzt, HR/UR

verkürzt, HR/UR

Lagebericht

HR/UR + BAnz

HR/UR

0

Beteiligungsliste

HR/UR

HR/UR

HR/UR

Bestätigungs-vermerk/Prüfer

HR/UR + BAnz

HR/UR

0

Bericht /

Aufsichtsrat

HR/UR + BAnz

HR/UR

0

Seit 1.1.2007 bzw. dem Inkrafttreten des EHUG werden diese Transparenzregeln rigoros durchgesetzt:

  •  Die fraglichen Unternehmen sind verpflichtet, spätestens 12 Monate nach Ablauf eines Geschäftsjahres die entsprechenden Unterlagen einzureichen, und zwar beginnend für alle Jahre ab 2006, und alles elektronisch, sprich digital.
  • Nicht mehr das örtliche Handelsregister am zuständigen Amtsgericht ist Adressat, sondern die Fa. Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH mit Sitz in Köln, die diese Funktion für den elektronischen Bundesanzeiger wahrnimmt.
  • Das Betreiberunternehmen des elektronischen Bundesanzeigers übermittelt die Angaben dann an das elektronische Unternehmensregister.
  • Da dieser Vorgang bzw. das Ausbleiben eines solchen elektronisch gut überwacht werden kann, wird der elektronische Bundesanzeiger auch von sich aus aktiv, wenn die erforderlichen Offenlegungsinformationen ausbleiben: es drohen Ordnungsgelder zwischen 2.500 € und 25.000 €. Bisher mussten Interessenten solcher Daten das Ausbleiben der Daten selbst beim jeweiligen Handelsregister anzeigen.

Dies ist/wird nun alles anders und eröffnet für Recherchen in dieser Richtung mehr Informationspotenzial.