Kooperationsbeispiel 2: Zwei überregionale Tageszeitungen (SZ und FR) – Ergänzung zum Kapitel 7.3

Zwei Auslandskorrespondenten, die aus einer weltpolitisch wichtigen Hauptstadt berichten, verstehen sich potenziell als Konkurrenten, weil es hier nicht nur um den individuellen Exklusivitätsanspruch geht, sondern auch um das Renommee der miteinander konkurrierenden Zeitungen zuhause. Skizziert sei die Zusammenarbeit zwischen Florian HASSEL, Moskaukorrespondent der Frankfurter Rundschau, und Tomas AVENARIUS, in gleicher Funktion für die Süddeutsche Zeitung vor Ort.

Auf die Darstellung der Recherchen und der veröffentlichten Geschichten sei hier verzichtet; sie lassen sich im DokZentrum ansTageslicht.de im Detail nachlesen: unter www.ansTageslicht.de/Tschetschenien.

Im Mittelpunkt stehen an dieser Stelle die Kooperationsgrundlagen. Konkret ging es um eigens gewonnene Informationen und Reportagen aus Tschetschenien, einem Land, das sich im (permanenten) Krieg befindet, weil Moskau, d.h. die Nomenklatura der Russischen Föderation, nicht den Selbstständigkeits- und Unabhängigkeitswunsch dieses kleinen Landes im Kaukasus akzeptieren will. Der Zugang zu diesem Fleckchen Erde wird kontrolliert, erst recht die Informationen, die man über diesen – im russischen Reich sowie im Rest der  Welt – »vergessenen Krieg« veröffentlicht sehen möchte. Die beiden Journalisten bekamen 2003 den »Wächterpreis der Tagespresse« zuerkannt.

Das Kooperationsmodell bestand aus 3 zeitlich begrenzten Zielen, die mit den heimischen Redaktionen abgesprochen waren:

  • Ziel 1 bestand darin, ein aus dem öffentlichen Blick geratenes Thema wieder ans Tageslicht zu bringen. Dies geschah durch zeitgleiche Veröffentlichung identischer Informationen und Geschichten, die allerdings unterschiedlich ›geschrieben‹ wurden.
  • Zum Zweiten sollte dies auch durch eine Vergrößerung der Reichweite bzw. der Leserschaft geschehen: Es betraf die Leser beider überregionalen Blätter.
  • Ziel Nummer 3 betraf vor allem die Durchführung vor Ort: die mit den Recherchen verbundenen Gefahren gemeinsam zu schultern bzw. durch gemeinsame Organisation Risiken und Aufwand zu verringern.

Diese Kooperation hat gut funktioniert. Die Gründe lagen vor allem auf zwei Ebenen. Zum Ersten im persönlichen Engagement der beiden Journalisten: Hinsichtlich der Wichtigkeit der Ziele war man sich einig. Zum Zweiten war das Kooperationsmodell überschaubar: Es war zeitlich begrenzt sowie Aufwand und Ergebnis gut kalkulierbar. Für beide war es daher eine win-win-Situation, die sich sonst nicht eingestellt hätte.