4.6.2.1 Schuldnerverzeichnis n. § 882b – 882h der ZPO

Im Unterschied zum Schuldnerverzeichnis nach § 26 II InsO, in dem Schuldner gelistet sind, die mit ihrer Firma pleite gegangen sind oder bewusst Pleite gemacht haben (vgl. vorigen Abschnitt Schuldnerverzeichnis beim Insolvenzgericht),  handelt es sich beim hiesigen Schuldnerverzeichnis nach § 882 (bis 2013: § 915) der Zivilprozessordnung (ZPO) um ein zentrales Register. In dem sind gelistet Schuldner:

  • die eine Versicherung an Eides statt nach § 807 ZPO
  • oder nach § 284 Abgabenordnung über ihre Vermögensverhältnisse abgegeben haben
  • oder gegen die zur Erzwingung der Abgabe dieser Versicherung die Haftangeordnet worden ist.

Also jene natürliche Personen, die privat (nicht mit ihrer Firma) Schulden haben, nicht zahlen können bzw. konnten und bei denen auch schon der Gerichtsvollzieher erfolglos geblieben war. Vorausgegangen sind entweder ein (gerichtliches) Mahnverfahren (Mahnbescheid) oder ein reguläres gerichtliches Zivilverfahren, bei dem sich ein Gläubiger einen rechtsfähigen (Forderungs-)Titel hat ausstellen lassen. Details kann man in den (vielen) Paragraphen 688 bis 1024 der ZPO nachlesen (besser und schneller: direkt einen im Schuldrecht versierten Anwalt  befragen).

Kann (und/oder will) der Schuldner nicht zahlen, so kann der Gläubiger bzw. der eingeschaltete Gerichtsvollzieher den Säumigen zur Abgabe einer  Eidesstattlichen Versicherung (EV) nach § 807 ZPO auffordern: Der Schuldner muss dann in einem detaillierten Vermögensverzeichnis belegen, dass er wirklich nichts (mehr) hat, was er zur Begleichung seiner Schulden verwerten könnte. Kommt der Schuldner dem nicht freiwillig nach, so stellt der Richter einen (zivilen) Haftbefehl aus, mit dem der Schuldner zur Abgabe der Eidesstattlichen Versicherung gezwungen wird – andernfalls drohen bis zu sechs Monaten Haft.

Ist eine solche EV abgegeben, erfolgt ein Eintrag ins offizielle Schuldnerregister: Sämtliche amtlich registrierten Namen sowie der aktuell gemeldete Wohnsitz, Geburtsdatum, Aktenzeichen, Datum der EV sowie das zuständige Gericht. Die Einträge bleiben drei Jahre bestehen und werden dann von Amts wegen wieder gelöscht. Allerdings können unbefriedigte Gläubiger Neuanträge auf Erzwingung der EV stellen. Ein solches Schuldnerverzeichnis existiert im Prinzip bei jedem Amtsgericht. Allerdings gibt es in größeren Städten oder Regionen oft auch ein zentrales Schuldnerverzeichnis, in dem solche Informationen zentral gespeichert werden. In Deutschlands größter Stadt Berlin beispielsweise gibt es jährlich rund 280.000 Neueinträge (oft mehrere EV für eine Person).

Im Zuge des Ausbaus des Datenschutzes hat dieses Verzeichnis inzwischen seinen Charakter als öffentliches Register verloren. Nach §§ 882 f und 882g ZPO ist die Bekanntgabe solcher »personenbezogenen Informationen« vorrangig für Gläubiger gedacht. Aber auch zur Sicherung des »redlichen Geschäftsverkehrs«, d.h. für jene, die erst noch Geschäfte machen und sich zu diesem Zweck vorher informieren wollen, ob sie ggf. mit wirtschaftlichen Nachteilen rechnen müssen. Ein solches Argument jedenfalls, »Abwehr wirtschaftlicher Nachteile«, gilt, wenn glaubhaft vorgetragen, als »berechtigtes Interesse«, um entweder schriftlich oder vor Ort Auskunft zu erhalten – über oben aufgeführte Daten. Gläubiger können darüber hinaus auch die jeweiligen Akten einsehen.

Inwieweit journalistische Recherchebedürfnisse als berechtigtes Interesse anerkannt werden, ist m.W. derzeit nirgendwo geregelt und auch nicht durch die Rechtsprechung entschieden. Allerdings gibt es noch andere Wege, um im Einzelfall an eine entsprechende Information zu gelangen.

So hat der deutsche Gesetzgeber in § 882 g auch die Interessen so genannter Betreiber von Schuldnerverzeichnissen bedacht. Dazu zählen beispielsweise die Industrie- und Handelskammern, die solche Informationen quasi im Abonnement beziehen, um sie ihren Mitgliedern zur Verfügung zu stellen. Gleiches gilt für die sonstigen Standesvertretungen (Handwerkskammer, Architekten-, Steuerberater-, Rechtsanwalts-, Ärztekammer usw.). Gewerblich arbeitende Betreiber von Schuldnerverzeichnissen fallen ebenfalls unter diese Regelung, beispielsweise die Schufa und alle Auskunfteien. Oftmals schalten die wiederum andere (Sub-)Unternehmen ein, die solche Jobs gleich für mehrere erledigen. Dies wird regional sehr unterschiedlich praktiziert. So gesehen gibt es genügend Ansatzpunkte, um Informationen darüber zu erlangen, ob und inwieweit jemand Schulden hat, die er nicht bezahlen kann.

Zusammengefasst:

  • Auf der einen Seite ist der Zugang zu diesen Information nicht leichter geworden und wird auch offiziell genauestens registriert, wer wann wo über wen aus welchem Grund Einsicht nehmen möchte, und es geschieht auch nur gegen eine Gebühr
  • auf der anderen Seite gibt es jetzt aber zumindest ein zentrales Onlineportal, in dem alle Informationen zusammenlaufen:
    www.vollstreckungsportal.de

Diese Regelung auf diesem Portal gilt seit dem 1. Januar 2013. Aus Gründen von Übergangsregelungen bleibten bis zum 31.12.2017 die alten Regelungen bzw. Eintragungen nach dem inzwischen abgelösten § 915 ZPO erhalten.

Trotz der zentralen Sammelstelle: Lücken gibt es dennoch. Namensänderungen, etwa nach dem neuen Namensrecht, werden nicht automatisch in solchen Verzeichnissen berücksichtigt. So etwas müsste man zuvor über das Einwohnermeldeamt klären. Nach drei Jahren werden solche Angaben wieder gelöscht. Dies gereicht insbesondere jenen zum Vorteil, die Fristen, Wohnortwechsel und Namensänderung bewusst einsetzen, um andernorts den alten oder auch neuen Geschäften, dieses Mal als »Saubermann«, nachzugehen. Wenn man an einer solchen Stelle nicht weiterkommt, kann eine Anfrage bei einer Auskunftei hilfreich sein.

Dieser Weg, der nicht immer den offiziell vorgesehenen Spielregeln hinsichtlich der Löschvorgaben folgt, ist deswegen oft der ergiebigste. Mehr dazu unter Auskunfteien